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Klinikum stellt Ergebnisse des Abschlussberichts vor: Kommission beendet Untersuchungen im Falle Herr Dr. Boldt

09.08.2012


Nach rund eineinhalbjähriger Aufarbeitungszeit und 91 untersuchten Publikationen legt die durch das Klinikum Ludwigshafen beauftragte unabhängige Kommission ihren Abschlussbericht zu dem Vorwurf des Wissenschaftsbetrugs durch Dr. Joachim Boldt vor. Nachdem Herr Dr. Boldt im November 2010 aufgrund der gegen ihn erhobenen Vorwürfe das Klinikum verlassen hatte, wurde eine sechsköpfige Untersuchungskommission durch das Klinikum beauftragt, den Vorwürfen des Wissenschaftsbetrugs nachzugehen, sowie mögliche Verletzungen von Patientenrechten bzw. mögliche Gesundheitsschädigungen aufzuklären. Ein gesundheitlicher Schaden entstand bei den Patienten durch das Verhalten und die wissenschaftlichen Praktiken des ehemaligen Chefarztes nicht, so das Fazit des Kommissionsberichtes. Fehlverhalten lässt das untersuchte Material bei Herrn Dr. Boldt jedoch in verschiedener Form erkennen.

Die Kommission legte ihrer Untersuchung 91 Publikationen zu Grunde, die im Zeitraum zwischen 1999 und 2011 durch Boldt als Autor oder Co-Autor veröffentlicht wurden. Bei dem überwiegenden Teil dieser Publikationen konnte die Kommission keine oder nur eine unvollständige Studiendokumentation vorfinden, so dass in vielen dieser Fälle bereits von offensichtlichen Verstößen gegen geltende Aufbewahrungspflichten des verantwortlichen Prüfarztes Herrn Dr. Boldt auszugehen ist. Bei keiner der untersuchten Publikationen wurde ein Ethikvotum durch die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz erteilt und auch in den überwiegenden Fällen wurde das jeweilige Forschungsvorhaben nicht bei der zuständigen Landesärztekammer Rheinland-Pfalz und auch nicht bei der entsprechenden Stelle im Klinikum angezeigt. Die erforderlichen Aufklärungen von Studienteilnehmern bzw. das Vorliegen einer entsprechenden Einwilligung zur Studienteilnahme konnten häufig nicht belegt werden.

Die wissenschaftliche Vorgehensweise bei zahlreichen Studien ist laut der Kommission zu kritisieren. In mindestens 10 der insgesamt 91 untersuchten Publikationen wurden falsche Angaben veröffentlicht, z. B. zu den Patientenzahlen / Untersuchungsgruppen und zu Messzeitpunkten.
Obwohl formales und wissenschaftliches Fehlverhalten durch Dr. Joachim Boldt erkannt wurde, konnte die Kommission erfreulicherweise in der Frage nach möglichen Gesundheitsschädigungen der Patienten Entwarnung geben. Die Kommission konnte 455 Patienten identifizieren, deren Datenmaterial in die Forschungsarbeiten des ehemaligen Chefarztes eingeflossen war. Bei diesen Personen wurden die Behandlungsunterlagen auf mögliche unerwünschte Ereignisse und auf schwerwiegende unerwünschte Ereignisse nach der gängigen Klassifizierung der Regeln der „Good clinical practice“ (GCP) analysiert. Bei den identifizierten Personen handelte es sich zum größten Teil um mehrfach vorerkrankte, ältere Patienten. Bei lediglich einer Person trat im Zusammenhang mit der Gabe des Studienmedikaments, das auch routinemäßig im Klinikum und anderen Krankenhäusern verwendet wurde, ein solches Ereignis ein, das jedoch für den Patienten glücklicherweise folgenlos behoben werden konnte. Bei einer weiteren Person konnte ein Zusammenhang zwischen der Gabe desselben Studienmedikamentes und einem schweren unerwünschten Ereignis, das ebenfalls folgenlos behoben wurde, nicht ausgeschlossen werden. Beide betroffenen Patienten wurden durch die Klinikleitung informiert.

„Wir distanzieren uns nachdrücklich von den Praktiken des Herrn Dr. Boldt und bedauern die Vorkommnisse sehr. Es ist für uns eine große Erleichterung, dass die unabhängige Kommission zu dem Schluss kam, dass bis auf zwei Fälle keine studienbedingten Nachteile nachweisbar waren.“, so Dr. Joachim Stumpp, Geschäftsführer des Klinikums Ludwigshafen. Das Klinikum hat den Abschlussbericht an die zuständige Staatsanwaltschaft übergeben.

Kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den ehemaligen Ludwigshafener Anästhesie-Chefarzt reagierte das Klinikum mit der Intensivierung der formalen Anforderungen für die Studiendurchführung und insbesondere mit der Gründung eines „Gremiums für die Wissenschaft“ (GW). Auf der Grundlage international anerkannter methodischer und wissenschaftlicher Qualitätsanforderungen begleitet das GW klinische Studien am Haus mit dem Ziel, die Qualität dieser Studien am Klinikum zu sichern und die durchführenden Ärzte engmaschiger beraten zu können.

„Wir haben aus diesen unerfreulichen Vorkommnissen unsere internen Konsequenzen gezogen und alles dafür getan, dass die Einhaltung der für wissenschaftliches Arbeiten geltenden Rahmenbedingungen inklusive der Wahrung aller Patientenrechte am Klinikum Ludwigshafen so gut wie nur möglich gewährleistet ist“, so Stumpp.